Ein Reisebericht von
Manfred Lawrenz,
Heidenau/Sachsen;
(ehem. Leba)
1. Reise nach Leba
11. - 26. August 1980

 


1980

Dieser Reisebericht ist ein Rückblick auf die erste Lebareise mit meiner Familie im August 1980. Es war zugleich mein 1. Besuch in meiner Heimatstadt Leba nach der Ausweisung 1947. Im Jahre 1980 hatten wir noch keinen Computer und das Internet stand auch noch nicht zur Verfügung, deshalb dieser, nach 29 Jahren verspätete Reisebericht. Dafür hatten wir aber in Deutschland 2 Währungen, die "Deutsche Mark" (DM)  im Westen, die jeder haben wollte und die "Mark" (M)  im Osten, die nicht so begehrt war. Die Mark war eine Binnenwährung der DDR, sie galt nicht im Ausland. Wir, d.h. meine Familie und andere, hatten die Mark und somit Probleme bei Auslandsreisen. Dieser Misere versuchten einige Betriebe mit einem "Urlauberaustausch" zu begegnen.
Zufällig entdeckte ich dann auch in unserem Betrieb einen Aushang über einen Urlauberaustausch nach "Teba". Was aber sollte "Teba" sein? Eine Nachfrage ergab, das "T" sollte ein "L" mit einem Querstrich darstellen, also war es Łeba. Damit war meine Bewerbung klar und meine Chance auch aussichtsreich, weil ich meinen Ferienplatz in unserem Betriebsferienheim zu Verfügung stellen konnte.

 


 

Am Montag, dem 11. August 1980, starteten wir 4 Personen mit unserem voll beladenen 26 PS starken PKW "Trabant" in Heidenau/Sa. nach Leba. Die 660 km lange Route führte über Dresden, Berlin, Stettin/Szczecin und Stolp/Słupsk. Einen Tag später fuhr dann noch ein Kollege mit seiner Familie los. Weil mir der Straßenzustand in Polen unbekannt war, und der "Trabant" diese etwas abenteuerliche Fahrt bewältigen sollte, hatten wir einen Zwischenaufenthalt in dem Dorf P., in Nähe des Grenzüberganges Pomellen eingelegt. Hier waren die Straßen noch wie zu Kaisers Zeiten. Im Hotel erwartete uns ein spartanisch eingerichtetes Zimmer, aber es hatte fließendes Wasser und elektrisches Licht. Am nächsten Tag ging es dann weiter. Den Grenzübergang Pomellen passierten wir reibungslos. Hinter Stettin endete die Autobahn und eine überraschend gut instand gehaltene Fernverkehrsstraße führte uns bis Lauenburg/Lębork, wo uns ein Wegweiser auf die untergeordnete Straße nach Leba leitete.

Dann kam endlich Leba in Sicht und die Erinnerungen wurden wieder wach! Schon weit vor dem Ortseingang Leba war die markante Scheune von Zeimert mit der Jahreszahl "1910" im Ziegeldach erkennbar. Um zu unserem Ferienquartier im nördlichen Leba, ins ehemalige so genannten "Villenviertel" zu kommen, mußten wir die Hauptstraße entlang fahren. Auffällig war der gute Straßenzustand, es gab kein Kopfsteinpflaster mehr, alle Straßen hatten eine Schwarzdecke erhalten, die Freileitungen waren verschwunden. Alle Häuser hatten jetzt einen Anschluß an das öffentliche Trinkwassernetz und das Abwasserproblem war anscheinend auch gelöst. Ein positiver Eindruck! Die Fassaden der Wohnhäuser waren überwiegend noch in dem Zustand, in dem ich sie in Erinnerung hatte. Die Nutzung war allerdings eine andere, dem Tourismus gezollt. Anders im "Villenviertel", hier beherrschten viele Neubauten für Camping und Erholung das Bild.
          Gewohnt haben wir im Betriebsferienheim "Fampa", einer Papiermaschinenfabrik aus Schlesien. Die Einrichtung war sehr einfach und die Unterkunft in der Wohnanlage für 4 Personen beengt. Es standen zentrale Toiletten, Dusch- und Waschräume zur Verfügung. Die Verpflegung löste bei meiner Familie keine Begeisterung aus. Als kulinarischen Höhepunkt haben wir die auf dem Speiseplan angekündigten Kohlrouladen angesehen. Die erwartete übliche Hackfleischfüllung entpuppte sich dann aber als gerösteter Reis, was Enttäuschung und lange Gesichter zur Folge hatte. Aber letztlich wurden alle von dem herrlichen Strand und dem überwiegend schönem Wetter entschädigt.

 


Leba,
im August 1980


Betriebsferienheim "Fampa"
 Marchlewskiego; jetzt Nadmorska


am Strand


Weststrand


Ausbau der Mole
xxx


Hafeneinfahrt


Mühlengraben

am Leba-"Strom"

ehem. Kaffee Waldfrieden  (Fox)
Wojska Polskiego (ehem. A-H-Str.)

Bahnhof Leba

ul. Biruta; jetzt 11 Listopada
(ehem. Bahnhofstr.)

ul. Kościuszki
(ehem.  Gemkow, Hindenburgstr.)

ul. Kościuszki
(ehem.  Pooschke, Hindenburgstr.)

ul. Kościuszki
(ehem. Lawrenz, Hindenburgstr.)

ul. Kościuszki
(ehem. Tischlerwerkstadt Lawrenz)

1969;  ul. Kościuszki
(ehem. Tischlerwerkstadt Lawrenz)

 

Ortseingang

 

 

 

Und dann der Strand, er war noch in seiner alten Schönheit da, breit und steinfrei mit seinem weißen Sand, dazu das markante ehemalige Kurhaus auf den Dünen. Weit, am östlichen Horizont, ganz klein ist immer noch der Leuchtturm "Stilo" zu sehen. Mit dem jetzt laufendem Neubau der Ostmole wird auch die Hafeneinfahrt in östlicher Richtung etwas verbreitert. Der Hafen hat zwischenzeitlich neben dem bisherigen Bollwerk auch eine moderne lange Kaimauer erhalten. Hier erstanden wir frisch geräucherte Bücklinge, die in Anbetracht unseres "Betriebsessens" eine richtige Delikatesse waren. Den Touristen mit der D-Mark blieb aber dieser Genuß versagt, denn sie kauften Aal.
          Auch der Wohnungsbau war voll im Gange, östlich der Hindenburgstr.(Hauptstr.) am ehem. Kawelweg und am Ende der Neuhöferstr. wurden neue Wohngebiete errichtet. Betroffen und erschrocken war ich aber von dem Zustand unseres alten Friedhofes, der jetzt von den neuen Wohngebieten umgeben wird. Ein oder zwei Trampelpfade führten durch die hier entstandene Wildnis. Nur ein Denkmal, dass von Elly Fenske, ragte noch aus dem Gestrüpp, alle anderen Grabsteine sind wohl anderweitig verwendet worden.


Verbreiterung der Hafeneinfahrt durch den Neubau der Ostmole 1980

Seit dieser Reise im August 1980 sind viele Jahre vergangen, deshalb sind mir Details der Tagesausflüge zur Lontzkedüne, nach Stilo und Lauenburg  nicht mehr in Erinnerung. Nach Danzig fuhren wir an einem Werktag, waren deshalb aber über die dort herrschende Ruhe erstaunt. Kein Nahverkehrsmittel war  unterwegs, die Betriebe hatte ihre Tore geschlossen und mit Birkengrün sowie der polnischen Nationalfahne geschmückt. Es war, als wären Ostern und Weihnachten auf einen Tag gefallen. Die 1980 in Danzig entstandene Gewerkschaftsbewegung, die spätere "Solidarność" hatte zum Streik aufgerufen! Auch im Hafen drehte sich zu unserem Bedauern kein Rad. Eine von uns beabsichtigte Hafen- und Stadtrundfahrt mußten wir abschreiben. Schade. Dafür konnten wir in aller Ruhe, die nach historischem Vorbild wieder hergestellte Altstadt, einschließlich dem wieder aufgebauten Krantor begutachten. Beeindruckend war die sorgfältige und umfangreiche Rekonstruktion.. Am Abend waren wir wieder zurück in Leba.
          Es hieß, es würde bald kein Benzin mehr geben. Das war Anlaß, den Autotank bis zu Rand und dazu zusätzlich einige mehr oder weniger geeignete Gefäße zu füllen, um die 310 km entfernte deutsche Grenze zu erreichen. Auf der Rückreise, am 26.August, hatten tatsächlich einige Tankstellen in Polen geschlossen. Ohne Zwischenübernachtung erreichten wir nach 10 Stunden Reisezeit wieder unseren Wohnort Heidenau. Unser himmelblauer "Trabant" hatte sich tapfer geschlagen und, überwiegend voll beladen, die gesamte Fahrstrecke von 1747 km ohne Havarie, bewältigt. Er besaß aber seitdem eine leichte Schräglage.

Fotos: M. Lawrenz


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Letzte Aktualisierung: Juni 2019